Benimm Dich!
Diplom Anna Bormann & Selma Serman, Universität der Künste Berlin
Es geht um die Manieren am Esstisch. Gegen manierliches
Benehmen ist nichts einzuwenden - solange es
dazu dient, seinen Mitmenschen rücksichtsvoll zu
begegnen. Wenn sich alle gemäß gewisser Standards
verhalten, werden Reibungspunkte vermindert und das
Miteinander wird vereinfacht. Manieren fungieren als
sozialer Vermittler und Verständigungscode.
Aber wie bei vielen Dingen gilt es, das richtige Maß zu
halten. Striktes Befolgen der gültigen Tischetikette ist
kein Garant für einen unterhaltsamen und geselligen
Abend. Durch die vielen Regeln und Vorschriften fühlt
sich so mancher eingeengt und befangen, so dass er
das Ereignis leider nicht richtig genießen kann. Dem
wollen wir Abhilfe schaffen.
Vor allem die Ursprünge und die Geschichte der heutigen
Tischetikette haben uns inspiriert. Jeder der folgenden fünf Entwürfe ist
mit einer aus Kindertagen bekannten Grundregel des guten Benehmens betitelt und interpretiert sie mit
einem Augenzwinkern. So sollen Zwänge vermindert
und Bewusstsein und Verhalten an der gemeinsamen
Tafel verändert werden, ohne die Anwesenden zu brüskieren.
Wir plädieren für mehr Menschlichkeit und
Genuss beim Essen - Dinge, die durch übermäßige
Formalität leicht in Vergessenheit geraten.
© Anna Bormann & Selma Serman 2005
Klecker nicht!
Tischdecke
Diplom Anna Bormann & Selma Serman, UdK Berlin
Eine festliche Tafel ziert meist eine Tischdecke, traditionell
weißer Damast. Wie peinlich ist es, wenn man an
so einer Tafel sein Weinglas umschüttet und die ganze
schöne Tischdecke mit einem riesigen Fleck ruiniert!
Diese Tischdecke aus Zellstoff-Vlies ist ein Einwegprodukt.
Weißer Siebdruck auf weißem Vlies ergibt eine
Damast-Optik: Der Druck ist je nach Lichteinfall mehr
oder weniger deutlich sichtbar. Der Rapport, der sich an
klassische Damastmuster anlehnt, setzt sich aus kleinen
Würstchen zusammen.
Der Entwurf verwandelt die Peinlichkeit eines umgestoßenen
Rotweinglases oder verschütteter Bratensoße in
einen Moment der Überraschung: Das Papier färbt sich
in der Fleckfarbe ein, der Druck bleibt weiß und das
Muster wird deutlich sichtbar. Die Aufmerksamkeit der
Anwesenden wird vom Unglücksraben auf die Tischdecke
gelenkt. Der Verursacher kann sich nach dem
ersten Schrecken also schnell wieder entspannen und
muß sich keine Gedanken über die Reinigung des
Tuches machen. Kleckern ist erlaubt!
Material: Zellstoff-Vlies, Siebdruck
© Anna Bormann & Selma Serman 2005
Iss auf!
Schale
Diplom Anna Bormann & Selma Serman, UdK Berlin
Diese Schale mit doppeltem Boden rettet den Gast,
dem Speisen aufgetischt werden, die er partout nicht
mag. Verschmähte Lebensmittel können durch das Loch
in der oberen Schale in den Hohlraum und aus dem
Blickfeld befördert werden. Dem Gast wird dadurch
erspart, entweder aus Höflichkeit alles hinunterzuwürgen
oder den Gastgeber höchst unmanierlich mit
Ausrufen wie „Ih, das mag ich nicht!“ zu beleidigen.
Erst in der Küche kommen die Reste wieder zum
Vorschein, können aber keinem bestimmten Gast mehr
zugeordnet werden. Nicht nur von Natur aus pingeligen
Essern wird geholfen, auch Vegetariern, Allergikern und
Diät haltenden, die so manchen Gastgeber mit ihren
Extrawünschen und Kommentaren zur Verzweiflung
treiben. Schließlich sind die Geschmäcker verschieden...
Material: Porzellan
© Anna Bormann & Selma Serman 2005
Nimm nicht so viel Salz!
Salzstreuer
Diplom Anna Bormann & Selma Serman, UdK Berlin
Es ist doch sehr unhöflich, noch vor dem ersten Bissen
nachzusalzen, vor allem dem Koch gegenüber – als
wenn man auch ohne zu probieren wüsste, dass die
Salzmenge nicht stimmt.
Der Salzstreuer in organischer Herzform bringt den
Esser vom unschicklichen übermäßigen Nachsalzen über
Umwege ab. Denk an dein Herz!
Wir wählten Material und Form, die hohen Wert und
Zerbrechlichkeit zum Ausdruck bringen: Porzellan hat
traditionell eine hohe Wertigkeit, wirkt zerbrechlich und
wird wie das Salz als Weißes Gold bezeichnet; das Herz
ist wie das Salz für den Menschen lebensnotwendig.
Durch den Bruch mit der gewohnten Ästhetik von traditionellem
Tafelporzellan entsteht Irritation; Material und
Form verursachen Vorsicht oder Zögern beim Benutzer,
sogar Ekel, und verhindern somit die Unsittlichkeit des
vorzeitigen und übermäßigen Nachsalzens.
Material: Porzellan
© Anna Bormann & Selma Serman 2005
Sitz gerade!
Stuhl / Liege
Diplom Anna Bormann & Selma Serman, UdK Berlin
Die korrekte Sitzhaltung gilt als das grundlegendste
Gebot bei Tisch. Das letzte Abendmahl fand liegend
statt. Auch von den Römern ist bekannt, dass sie ihre
Mahlzeiten im Liegen zu sich nahmen. Aber warum ist
es dann heute so verpönt, die Beine beim Essen hoch
zu legen?
Der Stuhl ist an den Archetyp des klassischen, geraden,
harten Küchenstuhls angelehnt. Mit einer Handbewegung
lässt er sich zu einer Liege umklappen. Die Lehne
ist nun weiter nach hinten geneigt, die Beine ruhen in
ihrer ganzen Länge auf der durchgehend gepolsterten
Liege. Der erschöpfte Esser kann es sich nun bequem
machen, ohne barbarisch oder stillos zu wirken: Das
neue Sitzmöbel legitimiert die neue alte Gute Haltung
bei Tisch.
Die Rückenpolster lassen sich herausnehmen und verschwinden
mit Hilfe von Magneten unter der Sitzfläche.
Das Scharnier bildet ins Holz eingelassenes Gummi mit
textiler Oberfläche. Die Polsterung aus tiefgezogenem
Polyethylen-Schaum zitiert stoff- oder lederbezogene
Polster mit eingezogenen Knöpfen. Sie vermittelt trotz
geringer Dicke einen weichen und einladenden
Eindruck.
Material: Kirschholz, Polyethylen-Schaum, Polystyrol
© Anna Bormann & Selma Serman 2005
Friss nicht wie ein Schwein!
Tisch
Diplom Anna Bormann & Selma Serman, UdK Berlin
Hier essen alle wie die Schweine, unsere Vorfahren oder
Völker mit anderen Tischsitten ohne Besteck gemeinsam
direkt von der Tischplatte.
Der Tisch soll die Distanz zwischen den Essern, aber
auch dem Essen selbst gegenüber verkleinern und die
daran sitzenden Personen sensibilisieren. Dass es an
diesem Tisch zu einer großen Sauerei kommt, ist eher
unwahrscheinlich. Gerade ohne die vertrauten
Tafelbestecke, mit den Fingern und mit Anderen aus
einem Gefäß essend, machen sich die daran Sitzenden
neue Gedanken über das, was ihr Gegenüber in Ekel
und sie selbst in Scham versetzen könnte. Zum
Gebrauch und Verhalten gibt es keinerlei Regeln oder
Verbote. Es gilt, seinem eigenen Gefühl zu folgen, um
nichts falsch zu machen. Gegenseitige Rücksichtnahme
ist das höchste Gebot. Unangemessenes Verhalten
würde den Appetit schnell verderben. Der Verzehr der
Speisen mit den Händen ist zwar ungewohnt, steigert
aber das sinnliche Erleben und den Genuss.
Die Hausfrau/der Hausmann ist hocherfreut: Der lästige
Abwasch fällt weg, der Tisch ist unkompliziert zu reinigen.
Material: Stahlblech pulverbeschichtet, Kirschholz
© Anna Bormann & Selma Serman 2005
Drei
Stapel-Service
Drei ist die radikale Reduktion des vielteiligen traditionellen
Speise- und Kaffee-Services auf drei stapelbare
Teile, von denen das kleinste auch Trinkgefäß ist.
Die formale Gestaltung hat ihren Ursprung in der
Verschmelzung von Tasse und Untertasse. Der Rand
dient als Griffmöglichkeit, Kleckerschutz, zum
Dekorieren, als Ablage für benutztes Besteck, Brot,
Olivenkerne, ... Die Wahl des Gefäßes hängt von der Speise, der Portion
und der persönlichen Vorliebe ab. Drei eignet sich
sowohl für die zwanglose Mahlzeit vor dem Fernseher
(Fahne als Kleckerrand und Haltemöglichkeit) als auch
für ein liebevoll inszeniertes Dinner (hochwertiges
Material, Fahne kann zur Dekoration benutzt werden).
Rosenthal Design Award 2004: besondere Erwähnung. Ausgewählt für die Ausstellung zum Wettbewerb in der
Neuen Pinakothek München, Oktober 2004.
Material: Porzellan
© Selma Serman 2004
compaTEAble I
Teesieb
Im Rahmen des Projektes senior/life/style sollen
Entwürfe entstehen, die einen Bezug zum Thema
Senioren haben, dabei aber nicht zwingend nur für ältere
Menschen sind. Das Teesieb compaTEAble paßt auf verschiedenste
Kannen und Trinkgefäße (Tasse, Becher, Glas, Schale)
gleichermaßen. Die Schlitze verhindern, daß der Rand
sich erhitzt und man sich verbrennt. Durch die konische
Form und die weite Öffnung ist es komfortabel in der
Nutzung: Es läßt sich leicht befüllen, entleeren und reinigen. Der Unterteller aus Porzellan hat eine konische
Vertiefung, so daß das Sieb kreiselt.
Material: Edelstahl, Porzellan
© Selma Serman 2004
compaTEAble II
Teesieb
Im Rahmen des Projektes senior/life/style sollen
Entwürfe entstehen, die einen Bezug zum Thema
Senioren haben, dabei aber nicht zwingend nur für ältere
Menschen sind. Das Teesieb compaTEAble paßt auf verschiedenste
Kannen und Trinkgefäße (Tasse, Becher, Glas, Schale)
gleichermaßen. Durch die konische Form und die weite
Öffnung ist es komfortabel in der Nutzung: Es läßt sich
leicht befüllen, entleeren und reinigen. Bei der Kunststoff-Variante ist das Sieb eine stilisierte Blüte,
der Ständer stützt sich auf zwei Blätter. Der Ständer
dient zum einen als Ablage, zum anderen als Teemaß.
Material: Kunststoff
© Selma Serman 2004
Spaghetti-Shirt
T-Shirt
Es ist wie verhext... Trägt man zum Spaghetti-Essen ein weißes Hemd oder T-Shirt, kann man absolut sicher sein, daß man sich bekleckert! Mit dem Spaghetti-Shirt fallen solche Mißgeschicke nicht mehr auf. Vielleicht verliert das Shirt durch den Nudel-und-Soße-Druck ja auch etwas von seiner magischen
Anziehungskraft für Spritzer...
Material: T-Shirt, Druck
© Anna Bormann & Selma Serman 2003
Le Verlan
Obstschale
In einer Woche soll ein Produkt entstehen, das einfach
und günstig zu produzieren ist und „sex-appeal“ besitzt,
damit jede/r es haben will. Le Verlan ist eine Obst- und Gemüseschale aus elastischem
Silikon-Kautschuk. Sie ist zweiseitig verwendbar
(à l’invers). Neben der angenehmen Haptik und Optik
sorgen die Noppen für Belüftung der Nahrungsmittel.
Material: Silikon-Kautschuk
© Anna Bormann & Selma Serman 2003
Logo
Merchandise-Produkte
Zu einem selbstgewählten Logo sollen Merchandising-
Produkte entworfen werden. Der Stern ist das Gegenstück
zum konservativeren Spiegel. War er zur Zeit
unserer Eltern noch politisch, so zielt er heute mehr auf
Unterhaltung im Sinne von „Infotainment“ ab.
Zeitschriften und Magazine haben die Eigenschaft, sich
in der ganzen Wohnung zu verteilen. Star Rack: Zwei
Zeitschriftenhalter für die Wand stehen Dir in diesem
alltäglichen Kampf zur Seite.
Weihnachts-Stern, zwei Merchandising-Produkte zum
Thema Weihnachten: Das Stern-Logo als Schmuck für
die Christbaumspitze und als Ausstechform für
Adventsplätzchen.
Material: MDF, Acrylglas, Stoff, Polystyrol, Lack
© Selma Serman 2002
Ballroom
Kleid / Zelt
Ballroom ist ein Ballkleid, dessen Rock nach dem Prinzip
des Raff-Rollos zusammengefaltet ist. Durch Lösen der
Raffung wird der Rock, an der Kapuze z.B. an einem
Baum aufgehängt, zu einem hauchdünnen, drei Meter
hohen Zelt. Der mit Bleiband beschwerte Saum definiert
und stabilisiert den Raum. Mit der durchgehenden
Knöpfung sind alle Zustände von ganz offen bis ganz
geschlossen möglich.
Material: Stoff, Haken und Ösen, Bleiband
© Anna Bormann & Selma Serman 2002
Kopf hoch!
Kissen / Leuchte
Ein Kissen für Alp-Träumer. Liegt der Kopf auf, ist das
Licht aus. Schreckt man aus einem furchteinflößenden
Traum hoch und hebt den Kopf, erleuchtet die Lampe
und man findet sich schnell in der beruhigenden
gewohnten Umgebung wieder.
Material: Schaumstoff, Stoff, Druck, Schalter, Batterie,
Kabel, Glühbirne, Papier, Kleister
© Selma Serman 2001
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